Team:Goettingen/Project deu

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Revision as of 10:18, 21 September 2012

Deutsch  / English 

Sprache: Englisch, Deutsch

Inhalte


Unser Projekt

Unser Projekt wurde aus der Idee geboren, einen echten Champion zu kreieren: Den schnellsten E. coli der Welt. Auch wenn dies zunächst absurd klingt, haben wir uns bald an die Erstellung eines ambitionierten Plans gemacht, um unseren „Homing (zielsuchenden) Coli“ zu entwickeln und uns seine Schnelligkeit für Selektionssysteme zu Nutze zu machen. Das letztendliche Ziel sollte ein schnell schwimmender E. coli-Stamm sein, der spezifische Moleküle über einen mutagenisierten Rezeptor erkennen und sich entlang eines Gradienten solcher Substanzen bewegen kann. Falls dieser Ansatz Erfolg haben sollte, könnte er zur Erkennung von Schadstoffen, Toxinen oder sogar Krebszellmarkern weiterentwickelt werden. Während unsere Planung voranschritt, haben wir die Arbeit in drei große Bereiche aufgegliedert, um gleichzeitig an den wichtigsten Teilen unseres Projektes arbeiten zu können.

Die erste Gruppe richtet ihren Fokus auf die Erstellung von effektiven Schwimmverhaltenstests. Viele unterschiedliche Medien und Schwimmagarplatten wurden erstellt und getestet, denn nur bei guten Bedingungen können E. coli ihre Schnelligkeit auch unter Beweis stellen. Desweiteren sollte auch ein effektives Selektionssystem kreiert werden, um die schnellen von den langsamen Bakterien zu trennen und später zu bestimmen, ob diese bestimmte Substanzen erkennen können. Die Erstellung eines schnellen E. coli-Stamms stellt die Hauptaufgabe der zweiten Gruppe dar. Die zentrale Frage ist: welche Gene haben einen Einfluss auf die Schnelligkeit und wie müssen diese reguliert werden, um den gewünschten Effekt zu erzielen? Natürlich wurden unter anderem Gene, die für Teile des bakteriellen Motors, dem Flagellum, kodieren, ausgewählt und auch FlhDC, einen Hauptregulator für Motilität und Chemotaxis. Das Ergebnis dieser Arbeit kann dann auf den Schwimmagarplatten visualisiert werden.

Die dritte Gruppe befasst sich mit der gerichteten Mutagenese des Aspartat-Rezeptors Tar. Dadurch kann eine Bibliothek von zahlreichen neuen und verschiedenen Tar-Rezeptoren erstellt werden. Manche von diesen könnten in der Lage sein, bestimmte Moleküle zu binden und so zu erkennen. Mit solchen Rezeptoren ausgestattet, können die E. coli darauf untersucht werden, ob sie sich auf eine Auswahl von bestimmten chemischen Substanzen zubewegen.

Diese drei Gruppen sollten sich in den frühen Phasen der Laborarbeit an ihren speziellen Projekten orientieren und zumindest die Laborarbeit somit auch separat planen. Mit der Zeit werden aber alle Fortschritte und Ergebnisse die Kooperation der Teilprojekte ermöglichen, um dann unser Ziel zu erreichen: Homing Coli.



Chemotaxis

Wahrnehmung in E. coli und der Mechanismus der Chemotaxis
Chemotaxis ist ein Phänomen, bei dem Zellen oder Organismen ihre Orientierung und Bewegung in Abhängigkeit von einem Gradienten chemischer Stoffe ausrichten (Abb. 1). Diese chemischen Substanzen, sogenannte Chemoattractants (= Lockstoffe) und Chemorepellents (= Schreckstoffe) sind anorganische oder organische Substanzen, wie Aminosäuren und Zucker. Diese sind in der Lage, chemotaktisches Verhalten in beweglichen Zellen zu aktivieren, indem sie an die Rezeptoren, z.B. den Aspartat-Rezeptor Tar, binden, der einer der Hauptaugenmerke unseres iGEM Projektes ist.



Abbildung 1: Chemotaxis von E. coli. (a) Wenn kein Lockstoff vorliegt schaltet E. coli von gerichtetem Schwimmen auf zufälliges Taumeln, woraus ungerichtetes Schwimmverhalten folgt. (b) In Gegenwart eines Lockstoffs taumelt E. coli selten und bewegt sich in Abhängigkeit des Gradienten in die Richtung des Lockstoffs. (Lockstoff-Gradient in grün dargestellt.) [1]


Chemotaxis unterliegt hochorganisierten intrazellulären Signalwegen. Gruppierte Rezeptoren in der Zellwand von Bakterien erkennen Signale und vermitteln diese in der Zelle über assoziierte Proteine in hoch kooperativer Weise [2]. Diese hoch organisierten intrazellulären Signalstrukturen werden auch als Zwei-Komponenten-Systeme bezeichnet.


Abbildung 2: Schematischer Aufbau eines Zwei-Komponenten-Systems. Eine Histidinkinase (HK) dient als Erkennungselement für Lockstoffe oder Schreckstoffe und vermittelt die Signalübertragung an eine Autokinase (rot) die wiederum den Antwort-Regulator aktivieren kann. Der Antwort-Regulator („Response Regulator“, RR) besteht aus einem Empfänger-Domäne (violett) und ein regulatorische Domäne (grün), die in aktivierter Form z.B. zur Genexpression führen kann [2].

Ein Zwei-Komponenten-System besteht aus einer sensorischen Histidinkinase, sowie einem Antwort-Regulator, der phosphoryliert werden kann [2] (Abb. 2). Die Übertragung einer Phosphatgruppe von einem Histidinrest der Kinasedomäne auf einen Aspartatrest des Antwort-Regulators aktiviert die regulatorische Domäne. Diese Aktivierung kann z.B. zu der Expression eines Genes führen.

Da die Wahrnehmung in E. coli an Flagellen-basierte Bewegung gekoppelt ist und das Ziel des Zwei-Komponenten-Systems nicht nur die Genexpression ist, ist chemotaktisches Verhalten ein weitaus komplexerer Vorgang. In E. coli sind fünf Histidin-Kinase-assoziierte Chemotaxis-Rezeptoren bekannt. Die Rezeptoren sind typischerweise in trimeren Komplexen aktiv, wobei jede der drei Untereinheiten wiederum aus zwei Rezeptoruntereinheiten (Trimere aus Dimeren) besteht. Der gesamte Komplex durchspannt dabei die bakterielle Membran. Die Rezeptoren sind Methyl-akzeptierende Chemotaxisproteine (MCP), welche direkt mit CheA, einer Histidin-Autokinase und CheW, einem Adapter-Protein assoziiert sind, wobei CheW CheA mit dem Rezeptorprotein verbindet.
Es gibt zwei mögliche Konformationen von Rezeptorkinasen: Den Kinase-An- und den Kinase-Aus-Zustand [3]. Beim Kinase-Aus-Zustand ist die rotiert das Flagellum gegen den Uhrzeigersinn (CCW), was zum Schwimmen führt. Beim Kinase-An-Zustand ist die Autophosphorylierung von CheA aufgrund der Bindung des Schreckstoffes aktiviert, wohingegen in dem Kinase-Aus-Zustand die Autophosphorylierung aufgrund der Bindung eines Lockstoffes inaktiv ist (Abb. 3).

Während des Kinase-An-Zustands, überträgt das autophosphorylierte CheA eine Phosphatgruppe an einen der beiden Antwort-Regulatoren, CheY und CheB. CheY ist verantwortlich für die Motorsteuerung durch die Bindung an den Flagellenmotor. Durch eine Bindung von CheY an den Motor ergibt sich eine Drehung des Flagellums im Uhrzeigersinn (CW), welches zur zufälligen Bewegung führt. CheZ, eine Phosphatase, dephosphoryliert CheY, um diese zufällige Bewegung zu stoppen (Abb. 3).

Die Methylesterase CheB und die Methyltransferase CheR sind Gegenspieler in der sensorischen Anpassung. Hier spielen die MCPs eine entscheidende Rolle. Beide MCP Bereiche haben Glutamine in ihrer Struktur. Dies sind funktionelle Nachahmer von Methyl-Glutamat. Wenn CheB eine Phosphatgruppe von CheA gebunden hat, vermittelt dieses die De-amidierung von Glutamin zu Methyl-akzeptierendem Glutamat. Daher hat der Rezeptor im Aus-Zustand eine hohe Affinität zu Lockstoffen und lässt sich leicht methylieren, jedoch nicht de-methylieren [3]. Da die Kinetik der Methylierung und De-methylierung relativ langsam ist, kann eine Anpassung Minuten dauern [2].

Zusammenfassend zu sagen ist, dass E. coli von Taumeln zu Schwimmen schaltet, wenn es von einem Gradienten von Lockstoffen umgeben ist. Erhöhte Lockstoff Stimulation führt sowohl zum Beenden des Taumelns, als auch zur Aktivierung des Schwimmens in die Richtung des Lockstoffes [2].



Für ein Bild in voller Größe, bitte auf das Bild klicken

Abbildung 3: Molekularer Mechanismus von Taumeln und Schwimmen. Aktiviertes CheA überträgt eine Phosphatgruppe an CheY und aktiviert damit die Rotation des Flagellums im Uhrzeigersinn (CW), was zum Taumeln von E. coli führt. CheZ dephosphoryliert CheY um eine Rotation gegen den Uhrzeigersinn (CCW) der Flagellen zu aktivieren, welches zu gerichtetem Schwimmen führt.





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Abbildung 4: Struktur des E. coli Chemorezeptors Tar. Links: Diagramm und schematische Darstellung der 3D-Struktur von Tar [3]. Rechts: Detailansicht der 3D-Struktur von der Ligandenbindungsdomäne von Tar (PDB-Datei: 1WAT).


Der Chemorezeptor Tar von E. coli
Der Aspartat-Rezeptor Tar (Taxis zu Aspartat und Schreckstoffen) ist einer der fünf klassischen Methyl-akzeptierende Chemotaxis-Proteine in E. coli (Aer, Tar, Tsr, Trg und Tap), die chemotaxische Reaktion vermitteln. Der Rezeptor ist aus drei Domänen aufgebaut: Einer Transmembran-Wahrnehmungs-Domäne, einer Signalumwandlungs-Domäne und einer Kinase-Steuerungs-Domäne (Abb. 4). Die Transmembran-Wahrnehmungsdomäne von Tar ist ein Vier-Helix-Bündel, wobei ein Bündel aus zwei antiparallelen Helices besteht [3].

Tar ist hochempfindlich für Aspartat und ist ebenfalls in der Lage, Glutamat und andere Verbindungen mit geringerer Empfindlichkeit wahrzunehmen [3]. Die Ligandenbindungsstelle besteht aus einigen Aminosäureresten, die sich auf allen viel Helices befinden. Die Bindung des Liganden führt zu einer Konformationsänderung des Rezeptors. Das Signal wird dann durch die Signalumwandlungs-Domäne über die Membran geleitet und an die Kinase-Steuerungs-Domäne weitergegeben, wodurch anschließend die Bewegung der Flagellen kontrolliert wird.


Sensormoleküle
Sensormoleküle sind organische oder anorganische Substanzen, die in zwei Gruppen unterteilt werden können: Lockstoffe (Attraktanten) und Schreckstoffe (Repellentien). Attraktanten sind Moleküle wie Aminosäuren, organische oder anorganische Säuren, kleine Peptide oder Chemokine. Sie induzieren die aktive Bewegung der Bakterien in Richtung der höchsten Konzentration der Attraktanten (Abb. 5). Schreckstoffe haben einen warnenden Effekt. Wenn Bakterien Schreckstoffe wahrnehmen, schwimmen sie in die entgegengesetzte Richtung der Quelle des Schreckstoffes (Abb. 5).

Wie bereits erwähnt, können Sensormoleküle durch verschiedene Rezeptoren erkannt werden. E. coli hat fünf dieser Rezeptoren: Aer zur Erfassung Sauerstoff, Tar zur Erfassung Aspartat und Schreckstoffen, Tsr zur Erfassung Serin und Schreckstoffen, Trg zum Erfassen von Ribose und Galaktose und Tap zur Erfassung von Dipeptiden. Rezeptoren sind auch in der Lage Taxis zu anderen sensorischen Molekülen zu vermitteln, besitzen zu diesen allerdings eine geringere Affinität. Daher versuchen wir durch Mutagenese der Sensormolekül-Bindungsstelle von Tar neue Rezeptoren zu finden, die spezifisch für andere Moleküle sind.



Abbildung 5: Reaktion von E. coli auf Lockstoffe (Chemoattactant) und Schreckstoffe (Chemorepellent). E. coli schwimmt auf die höchste Konzentration des Lockstoffes zu und E. coli bewegt sich von der höchsten Konzentration des Schreckstoffes weg.


Quellen:
[1] Madigan M. T., Martinko J. M., Stahl D. A., Clark D. P. (2012). Brock Microbiology. Vol. 13. Pearson, San Francisco, 78 – 80
[2] Sourjik V., Armitage J. P. (2010). Spatial organization in bacterial chemotaxis. EMBO J. 29:16, 2724 - 2733
[3] Hazelbauer G. L., Falke J. J., Parkinson J. S. (2008). Bacterial chemoreceptors: high-performance signaling in networked arrays. Trends Biochem Sci. 33:1, 9 - 19





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